27.10.2023

»Wenn Menschen den Mut fassen, etwas zu tun und zu wagen«

Ein Mann spricht in ein Mikrofon.
Werner Schulz  
© Foto: Stephan Röhl

Gedenkveranstaltung für Werner Schulz

»Menschen wie ihm, die es wagten der SED-Ideologie zu widersprechen und widerständig lebten und für diese Haltung ihre Freiheit riskierten, verdanken auch wir unsere spät gewonnene Freiheit. Wir haben einen aufrichtigen, unbestechlichen und unbeugsamen Menschen verloren. Seine Stimme wird uns fehlen. Die Erinnerung an ihn, sein Mut, seine Wahrheitsliebe und Charakterstärke sollten uns Orientierung sein.«

Mit diesen Worten begann Markus Meckel seine Rede zum Gedenken an Werner Schulz im Augusteum der Universität Leipzig. Werner Schulz war 1990 Mitglied der letzten und einzigen frei gewählten Volkskammer der DDR, anschließend bis 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages und von 2009 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments. Schulz galt als der einzige profilierte Bürgerrechtler aus der DDR, der sich in seiner Partei dauerhaft durchsetzen konnte. Er starb am 9. November 2022 im Alter von 72 Jahren während einer Veranstaltung zur Erinnerung an den Mauerfall im Berliner Schloss Bellevue.

Der Ort der Gedenkfeier war treffend gewählt. Sie fand unmittelbar vor dem Bild von Reinhard Minkewitz »Aufrecht Stehen« statt, welches auch auf Initiative von Werner Schulz einen zentralen Platz im Augusteum der Universität Leipzig erhalten hat. Es erinnert an Herbert Belter, Ernst Bloch, Werner Ihmels, Hans Mayer, Wolfgang Natonek, Siegfried Schmutzler und Erich Loest, die wegen ihres Eintretens für Freiheit und Demokratie Verfolgung durch das SED-Regime erlitten oder gar ihr Leben verloren.

Im Podiumsgespräch auf die persönlichen Erinnerungen an Werner Schulz angesprochen, beschreibt Ministerpräsident Michael Kretschmer ihn als Menschen, der mit seiner großen Klugheit und seiner scharfen rhetorischen Gabe wusste, seine Überzeugungen kraftvoll zu transportieren. Er ist eine der wichtigen Persönlichkeiten auf dem Weg zur deutschen Einheit.

Irina Schebakowa, russische Germanistin und Kulturwissenschaftlerin und Gründungsmitglied der 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Menschenrechtsorganisation Memorial, berichtete über die Besuche von Werner Schulz bei Memorial in Moskau. Er beteiligte sich an den öffentlichen Lesungen der Namen von Opfern des Stalinismus. Er war ein wandelndes Gewissen gegen bestehendes Unrecht. Sie lobte seine Weitsicht, mit der er bereits vor Jahren die Verhältnisse in Russland richtig einschätzte und ahnte, wohin die Reise geht.

Ministerpräsident Michel Kretschmer rief im Gedenken an Werner Schulz dazu auf, das Wort zu erheben, wenn Unrecht geschieht, dabei zu bleiben – immer wieder – und nicht Zuschauer, sondern »Mitmachdemokrat« zu sein.

»Erinnerung braucht Namen und Geschichten von Menschen wie Werner Schulz, die Haltung zeigten und davor verbeuge ich mich tief«, schloss die Rektorin der Universität zu Leipzig Frau Prof. Dr. Eva Inés Obergfell.

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